Internet

Zu früh gefreut: Wie mich ein Fail zu einem besseren IT-Girl machte

Scherben

Bildquelle: Pexels

Liebes Tagebuch,

eine Hand wäscht die andere. Manchmal ist dieses Sprichwort allerdings gar nicht so leicht umzusetzen. Zumindest gefühlt hat manche Hand einfach mehr Seife zur Verfügung als ich.
In meinem Bekanntenkreis scheinen sich die Fähigkeiten nur so zu übertreffen: Egal, ob ich für Feierlichkeiten eine ausstellungsreife Torte brauche oder Zuhause neue Errungenschaften montieren will – es gibt immer jemanden, der weiterhelfen kann. Und dann bin da noch ich. Wie revanchiert sich ein Marketing Consultant für eine geflickte Jeans?

Ich habe es wirklich nicht für möglich gehalten, dass mein IT-Blog eine Antwort parat haben könnte. Doch bei einem gemütlichen Spieleabend passierte es: Ich habe doch Ahnung von Webseiten – ob ich nicht helfen könnte, für die Yoga-Schule meines Gegenübers eine aufzusetzen?

Yes! Mein Moment war gekommen! Ich brauchte ja nichts weiter tun, als mir die To-Dos noch einmal durchzulesen (den passenden Beitrag gibt es hier), und rückte zum Kickoff der Mission Yoga-Webseite an. Dass mir das noch um die Ohren fliegen sollte, würde sich bald zeigen.

Etappe 1: Kickoff zur Mission Yoga Website

Zuversichtlich navigierte ich durch die ersten Schritte: Wir sicherten die Domain und legten gemeinsam das Kundenkonto bei einem Webhoster an. Ich ließ mich nicht von kleineren Stolpersteinen irritieren, als das Domainregister ausgerechnet gerade offline war oder es nicht mehr denselben Tarif gab wie meinen.

Erst einmal im Backend angekommen konnte ja eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ich erklärte, was wir gerade vor uns sahen: Eine „Hello-World“ Seite, die als Platzhalter beim initialen Aufbau diente. Bei meinem IT-Tagebuch hatte ich sie gelöscht, als ich erstmal meine eigenen Seiten hatte. Also dachte ich mir nichts dabei, als ich sie kurzerhand in den Papierkorb schob.

Und ab da ging alles den Bach herunter.

Der Customizer ist in WordPress ein eigener Bereich, in dem man Menüs, Optik, Farbgebung und vieles mehr einstellen kann. Nur leider wirkte es so, als hätte er sich mit der verbannten Platzhalter-Seite solidarisiert. Jedenfalls zeigte er uns plötzlich den Mittelfinger und ließ sich nicht mehr öffnen. Auch nicht, als ich die besagte Seite aus dem Papierkorb zurück ins Leben rief.

Was macht man in der digitalen Welt, wenn etwas nicht funktioniert? Genau: Googeln. Die heißeste Spur war, dass das Löschen eine Verlinkung in der Menüleiste irritiert hatte. Mein Selbstbewusstsein schrumpfte nach jedem erfolglosen Versuch, dies rückgängig zu machen. Nach einer Weile gab ich mich geschlagen und fuhr peinlich berührt heim.

Die Bilanz des Tages: Ich hatte eine Webseite angelegt. Die nicht funktionierte.

Etappe 2: Nachtschicht – die Sache mit dem Reset

Das ließ ich natürlich nicht auf mir sitzen und legte eine Nachtschicht ein. Die Recherchen zeigten, dass mir wohl nur noch eines half: Ein Reset der Seite. Zurück auf Werkseinstellung sozusagen.
Und tatsächlich: Der Reset schien funktioniert zu haben, der Customizer war besänftigt und es wirkte alles wie Ende gut, alles gut!

Ein Anruf gleich am Folgetag belehrte mich eines Besseren:
Die frischgebackene Seitenbesitzerin erzählte mir, dass sie sich nicht mehr bei WordPress einloggen konnte. Und es stimmte: Während der Login beim Hosting-Anbieter nach wie vor klappte, vermeldete der Klick auf „Website bearbeiten“ lauthals „Du kommst hier nicht rein“.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich war doch haargenau der Reset-Anleitung des Anbieters gefolgt, wie konnte da etwas schiefgegangen sein?

Mit meinem Latein am Ende blieb mir nichts anderes übrig als Hilfe zu holen. Ich sagte ja, es gibt in meinem Bekanntenkreis die nützlichsten Fähigkeiten. Und so kroch ich, das hochgelobte IT-Girl, bei einem IT-Experten zu Kreuze. Erst dadurch erfuhr ich die Details über das Login-System unseres Konstrukts:

Während die Seitenbesitzer sich mit ihren Zugangsdaten beim Hosting-Anbieter anmelden, übernimmt dieser die Anmeldung bei WordPress. Das nennt man im Fachjargon Single Sign On (SSO): Der Anbieter verifiziert den Besucher und ermöglicht ihm für die Dauer des Logins auch Zugriff auf weitere, unabhängige Systeme (in dem Fall WordPress), ohne dass das Passwort offengelegt werden muss.1.

Für diese Art der Anmeldung ist ein Plugin des Hosting-Anbieters notwendig. Welches ich durch meinen tollen Reset in WordPress deinstalliert hatte.

Die Bilanz des Tages: Ich hatte die Website repariert. Und uns dabei von ihr ausgesperrt.

Etappe 3: Zwischen fragwürdigen Hacks und Telefondates mit dem Support

Mit ausreichend Rückendeckung gelang es mir, das Zepter beim WordPress Login an mich zu reißen. Wir „hackten“ uns zunächst mit PuTTY auf den Webserver und fanden beim WordPress-Passwort tatsächlich nur Leere vor. Also hinterlegten wir ein Passwort und konnten damit den Login selbst übernehmen.

Exkurs: Was genau ist PuTTY?

Um zu verstehen was PuTTY macht, musste ich erst einen anderen Begriff kennenlernen: SSH. Das steht für Secure Shell und ist ein Protokoll, mit dem man eine Verbindung zwischen verschiedenen Rechnern herstellen und Befehle angeben kann.2. PuTTY ist ein SSH Client, das heißt ein Programm, mit dem sich solche Verbindungen herstellen lassen.3. Mit seiner furchteinflößend schwarzen Konsole könnte es definitiv die Hauptrolle in Hackerfilmen spielen, war in meinem Fall aber absolut hilfreich, um auf den Webserver der Yoga-Webseite zuzugreifen.

Nach meinem Empfinden konnte das nicht der offizielle Weg sein und ich fürchtete, dass es uns eines Tages auf die Füße fallen würde. Nachdem ich einige Telefonate mit dem Hosting-Anbieter geführt hatte und die Warteschleifenmusik kaum noch aus dem Kopf zu kriegen war, erhielt ich eine überraschende Information: Das Login-Plugin konnte zu Fehlern führen. Der beste Weg sei, es deaktiviert zu lassen und den WordPress Login weiterhin selbst zu regeln.

Die Bilanz des Tages: Ich hatte sowohl die Funktionalität, als auch den Zugriff auf die Webseite wiederhergestellt. Und ich war fertig mit der Welt.

FAZIT

Wollen wir uns nichts vormachen: Ich bereute es zeitweise wirklich, meine Hilfe überhaupt angeboten zu haben. Mein Ziel, mich nützlich zu machen, ging anfangs ja gehörig daneben. Aber Kneifen wäre ein Fehler gewesen, denn: Scheitern macht besser!

Ich hatte nun die Zusammenhänge des Logins verstanden. Der Fun Fact: Wenige Wochen später kam mir das Learning für meine eigene Webseite zugute. Sie zeigte nur noch „Error 404“ – für mich eine Katastrophe! Der Problembär: Wieder die vorinstallierten Plugins des Hosters. Wieder mussten sie deaktiviert werden. Wieder sperrte mich das aus WordPress aus. Doch nun wusste ich, wie der Hase läuft und war dadurch viel schneller wieder online!
Definitiv muss ich noch einiges dazulernen. Sonst hieße mein Blog auch „Memoiren eines IT-Girls“. Aber genau darum geht es ja: Ich nehme dich mit auf meine Reise. Und wenn dir meine Erfahrungen auch einmal weiterhelfen, dann habe ich genau genommen doch auch eine Hand gewaschen, oder?



Quellen:

  1. https://www.computerweekly.com/de/definition/Single-Sign-On-SSO
  2. https://www.ip-insider.de/was-ist-secure-shell-ssh-ssh-1-ssh-2-openssh-a-691217/
  3. https://www.ip-insider.de/was-ist-putty-a-627f9e32790626294c70bdab1a0b6f56/

2 Kommentare

  • Lisa

    Hallo liebe Sarah,
    dein Beitrag hat mich heute zum schmunzeln gebracht. Denn kürzlich war ich in einer ähnlichen Situation.. Eine Website – mal schnell – für den Verein zu bauen: kein Problem! „Erstelle auf WordPress.com BEQUEM eine kostenlose Website (…)“ – beschreiben sie sich selbst. Gesagt, getan.
    Einige installierte Themes hier, einige deinstallierte Themes dort und nach unzähligen verstrichenen Stunden direkt mal hingeworfen „das bau ich wann anders weiter…“. Seitdem keinen Finger gerührt.
    Aber heute hast du mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, denn: Scheitern macht besser!
    Nur aus Fehlern lernt man wie man Probleme beim nächsten Mal besser angeht. Danke für den Motivationsschub und hoffentlich dankt dir die Yoga-Schule die viele Mühe die du investierst!
    Ganz viele liebe Grüße, Lisa

    P. S. schön zu wissen, dass es auch anderen so ergeht 🙂

    • Sarah

      Liebe Lisa,
      freut mich riesig zu lesen, dass dir mein Beitrag ein Schmunzeln entlockt hat. 🙂
      „Mal schnell“ ist in Verbindung mit dem Thema Webseite ohnehin eine Fehlanzeige. Wie sieht es mit Responsivität aus? Eignet sich die Bildwelt für das Web? Was sagt die Suchmaschine? Über die Rechtslage reden wir noch gar nicht.
      Aber das ist ganz klar für mich auch ein Learning, das ich erstmal sammeln musste. Du sitzt also keinesfalls allein im Boot und freut mich riesig, dass ich dir Gesellschaft leisten darf.
      Viele liebe Grüße, Sarah

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner