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Warum ich einem IT-Ausfall mein Leben verdanke

Valentinstag

Bildquelle: Pexels

Liebes Tagebuch,

ich brauche dir wohl nicht zu erzählen, dass sich meine Verbindung zur IT-Welt nur mit der Ironie des Schicksals erklären lässt. Weder habe ich dir meine 5 in Informatik verschwiegen, noch die diversen Fettnäpfchen, in die ich im Arbeitsalltag schon getapst bin. Da ist es schon per se verwunderlich, weshalb ich mich überhaupt freiwillig und noch dazu so intensiv mit Informationstechnologie auseinandersetze. Doch ich wette, du kennst trotzdem noch nicht die ganze Geschichte.

Ich warb schließlich einen beträchlichen Zeitraum meines Berufslebens für Lösungen, die einen IT-Ausfall auffangen und möglichst gar nicht erst zulassen sollten. Und das obwohl ich es genau einem solchen Ausfall zu verdanken habe, überhaupt am Leben zu sein.

Klingt nicht nur ironisch, sondern auch dramatisch, oder? Tatsächlich ist es so unfassbar, dass ich selbst meine Schwierigkeiten habe es zu glauben. Doch ohne das Versagen eines ganz bestimmten Rechners an einem ganz bestimmten Tag hätte es keine Chance gegeben, dass sich meine Eltern jemals kennenlernen.

Wie es dazu kam, ist nicht meine Geschichte. Es ist die meiner Mutter, die in einem Magazin eigentlich nur zum Spaß einen Fragebogen über ihren Traummann ausfüllte. Und die meines Vaters, der in der IT-Branche tätig war und zu einem scheinbar gewöhnlichen Auftrag ausrückte.
Wie um alles in der Welt ergibt sich daraus ein Zusammenhang? Und was hat das mit einem IT-Ausfall zu tun?
Ich habe die beiden mit Engelszungen gebeten zu erzählen, wie sich ihre Wege gekreuzt haben.
Zum Glück konnten sie mir den Wunsch nicht ausschlagen – und so darf ich nun die Tastatur an meine Eltern übergeben.


PAPA’S SICHT

Es war November 1989, als ich bei der Stuttgarter Filiale eines Partnervermittlungsinstitutes den Auftrag bekam, mehrere Dateneingabegeräte (damals nannte man solche Geräte “dumme Terminals“) an den Großrechner in Hamburg anzuschließen. Als der Filialleiter mitbekam, dass ich nach einer Lebenspartnerin suchte, bot er mir an, mir statt einer Entlohnung bei der Suche zu helfen und mich unentgeltlich mit einer passenden Kandidatin bekannt zu machen.

Ausgerechnet an diesem Tag war allerdings der Großrechner offline, so dass es an diesem Tag nicht möglich war, aus dem gesamten Pool an partnersuchenden Damen diejenige herauszusuchen, die am besten zu meinem Profil passte. Kurzerhand holte der Filialeiter eine Mappe vom Stapel der zuletzt eingegangenen Kunden und übergab mir die Akte einer jungen Frau. Es gab zwar keinen Profilabgleich zwischen uns, aber ich hielt ihr Foto, ihren Namen und die Adresse in den Händen.

Schon am nächsten Wochenende fuhr ich am Samstag nach Überlingen an den Bodensee zu einem ersten Date und war von der ersten Sekunde an von Aussehen und Persönlichkeit dieser Frau beeindruckt. Mir gefiel besonders, dass sie von Anfang an genau wusste was sie wollte. Zwischen uns funkte es noch am selben Abend.

Als das Partnervermittlungsinstitut zwei Jahre später von unserer Hochzeit erfuhr, haben sie uns beide nachträglich in den Großrechner eingegeben: Hätte der Computer an jenem Tag funktioniert, hätte er uns nicht als zueinander passend erkannt und wir wären uns somit auch nicht gegenseitig vorgestellt worden. Zu unterschiedlich waren unsere Angaben auf dem Auskunftsbogen.

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MAMA’S SICHT
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24 Jahre alt und wohl wissend was ich suchte, hatte ich in der Mittagspause, auf der Terrasse meiner Eltern sitzend, deren Fernsehzeitschrift vor mir liegen. Auf der Rückseite eine Werbung einer Partnervermittlung. 20 Fragen zum ankreuzen, wie der Traumpartner sein soll… Während ich den Bogen ausfüllte, sah mir mein Vater über die Schulter und meinte: „Traust Dich eh nicht abschicken“. Na dann erst Recht!

Ein netter Herr kam zu mir, erstellte ein umfangreiches Profil. Kurze Zeit später fand das erste Date statt, dann in Folge wöchentlich eines, drei Wochen lang. Oh Gott, was gibt es da alles für Chaoten – nichts für mich! Ich rief an, wollte das Drama beenden. Die Dame von der Vermittlung sagte „bitte nur noch den Nächsten, der hat schon Ihre Daten“. Na gut noch einen Abend opfern, aber dann ist Schluss!

Ich stand am Balkonfenster, sah runter auf den Parkplatz vor meiner Wohnung. Das Nummernschild passte, also musste er es sein. Mann wie lange brauchte der denn, bis er sich von seinem Auto weg bewegte…

Stundenlang haben wir uns abgeglichen, fast wie beim Kauf eines komplizierten Gegenstands. Eigentlich hatte der Mann überhaupt nichts mit mir gemeinsam. Aber irgendeine Faszination ging von ihm aus. Die nächsten Wochenenden war er so beharrlich, kam jeden Freitag 250 km angefahren, um Montag wieder die Strecke zurück zu fahren. Irgendwann tat es weh, wenn er wegfuhr. Und nun haben wir zwei ganz tolle Töchter!


Ach, ich weiß nicht wie es dir geht, aber mir wird bei diesen Erzählungen so warm um’s Herz.
Lieber Computer, der an jenem Novembertag 1989 nicht funktioniert hat: Vielen, vielen Dank! Dafür, dass die beiden sich entgegen jeder Wahrscheinlichkeit kennenlernen konnten, dass meine Schwester und ich daraus entstanden sind und wohl keine Geschichte besser beweist, wie stark sich Gegensätze anziehen.

Das rückt mein Dasein in der IT-Welt gleich in ein anderes Licht – vielleicht kann ich mir all die Themen in meiner eigenen, neuen Perspektive erschließen, gerade weil ich kein geborener Informatiker bin. Nun, auf den künftigen Etappen meiner IT-Mission werde ich mit Sicherheit noch oft an diese Theorie denken.



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