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Viele Wege führen zu Virtualisierung

Bildquelle: Pexels

Liebes Tagebuch,

als der Orientierungssinn verteilt wurde, war ich nicht anwesend. Ich muss jedem ein großes Kompliment aussprechen, der sich noch mit Stadtplänen und Landkarten zurechtfindet. Mir hilft nicht einmal mein Navi dabei, auf Anhieb zu meiner besten Freundin zu finden – und sie wohnt immerhin schon seit einem Jahr in diesem verzwickten Labyrinth.

Für mich ist es daher wohl hinfällig, dass viele Wege nach Rom führen. Es ist wohl strengstens zu empfehlen, mich dort niemals auf eigene Faust fortzubewegen. Dennoch ist an dem Sprichwort etwas dran: Es gibt verschiedenste Arten, zum Ziel zu gelangen.

Ich stelle fest, dass das auch bei Virtualisierung zutrifft – einem Thema, dessen Basics ich mir im Eintrag „Ist Virtualisierung Zauberei?“ zu Gemüte geführt habe. Als ich näher in das Kapitel einsteige, wartet ein Verzweiflungsanfall auf mich: Virtualisierung mag ein einziger Begriff ein, aber es gibt gefühlt tausend Varianten davon. Wenn das kein klarer Fall für mein IT-Tagebuch ist! Heute nehme ich verschiedene Arten der Virtualisierung unter die Lupe, sodass im Idealfall auch ein Normalo wie ich etwas damit anfangen kann. Starten wir mit einer Zusammenfassung, zu welchen Formen mich meine Recherchen führen:

Übersicht
Anwendungsvirtualisierung

Anwendungsvirtualisierung gaukelt einem Programm vor, direkt mit dem Betriebssystem des Geräts verbunden zu sein – allerdings werden Teile dieses Betriebssystems durch eine Simulation in abgeänderter Form zur Verfügung gestellt.

Der Hintergrund dafür ist, dass man Konflikte zwischen verschiedenen Anwendungen und Betriebssystemen lösen kann. Jedes Programm hat eine Liste an Anforderungen, die es zum Ausführen braucht. Wenn Programm A etwas auflistet, das in Konflikt mit Programm B steht, hat man ein Problem namens Inkompatibilität.

Anwendungsvirtualisierung legt den Streit bei, indem sie eine Simulationsschicht zwischen das Programm und das Betriebssystem legt und jeder Anwendung das zur Verfügung stellt, was sie in ihrer Anforderungsliste hat.1. Dadurch kann ich bspw. ein Word-Dokument auf meinem Smartphone öffnen, obwohl es statt Windows das Betriebssystem Android nutzt.
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Desktopvirtualisierung

Wenn ich morgens ins Büro schlurfe, ist mein Schreibtisch die erste Anlaufstelle. Dort erwartet mich die Briefablage, eine Kugelschreibersammlung (von der die Hälfte nicht geht…) und mein pinkes Plüschtier, das mit den langen Ohren und der charakteristischen Nase wohl zur Gattung der Hasenschweine gehört. Mein Desktop ist die digitale Variante meines Arbeitsplatzes. Er bietet den Startpunkt für das, was ich zur Arbeit brauche.

Desktopvirtualisierung bedeutet, dass man einen solchen Arbeitsplatz auf einem beliebigen Gerät simuliert. Ich kann lokal – also auf dem Gerät, das gerade vor mir steht – einen Desktop simulieren. Oder ich greife mit meinem Rechner auf einen virtuellen Arbeitsplatz zu, der auf einem Server irgendwo auf diesem Planeten liegt. In dem Fall ist die Virtualisierung remote, was so viel wie entfernt heißt.2.

Zu letzterer Variante gehört auch „VDI“ – ein Begriff, der für mich immer ein IT-Geheimwort war. Jetzt entschlüssle ich es endlich: VDI steht für Virtual Desktop Infrastructure und ist eine Methode von Unternehmen, virtuelle Arbeitsplätze bereitzustellen. Bei dieser Form gibt es für jeden Nutzer eine unabhängige virtuelle Maschine, die auf einem Server simuliert wird.3.

Motivation zu dieser Form ist neben Vorteilen in der Administration auch der Sparfaktor. In einer VDI-Umgebung müssen Arbeitslaptops nicht mehr so leistungsstark (sprich teuer) sein, denn die Rechenleistung läuft über den Server.4. Die maximal abgespeckte Version eines Endgeräts bezeichnet man auch als Thin Client. Der muss nicht mehr viel auf dem Kasten haben, außer eben die notwendige Verbindung zum Server zu halten.5.
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Servervirtualisierung

Server dienen rund um die Uhr mit den unterschiedlichsten Ressourcen. Ohne Virtualisierung ist ein Server an einen bestimmten Aufgabenbereich oder Nutzer gebunden. Im Fachjargon bezeichnet man das als dedizierten Server oder Bare Metal (jepp, richtig gelesen. Mich musste man erst aufklären, dass das keine Musikrichtung ist.)6.

Durch Virtualisierung hebt man die Zweckbindung auf und zerteilt den Server in voneinander unabhängige Einheiten. Dadurch kann man ein einziges Gerät für mehrere Aufgaben einsetzen, obwohl die verschiedenen Anwendungen nicht zwingend miteinander kompatibel sind.

Das virtuelle „Zerteilen“ des Servers ist auch clever, wenn man ihn mehreren Nutzern zur Verfügung stellen will.7. Selbst du, liebes Tagebuch, läufst über ein solches Shared-Hosting Modell. Manchmal wüsste ich gerne, wer unsere Nachbarn sind: Vielleicht teilen wir uns den Server mit einem Heavy Metal Fanclub? Oder einem It-Girl mit kleinem t und ganz viel Mode? Wir werden es wohl nicht herausfinden. Aber das Teilen macht hier wirklich Sinn! Nicht nur, dass Unternehmen insgesamt weniger Hardware brauchen – sie lasten diese auch besser aus. Läge itgirlsjournal.de auf einem dedizierten Server, würde er sich die meiste Zeit zu Tode langweilen.

Umgekehrt zum „Zerschnipseln“ eines Servers kann man Virtualisierung übrigens auch nutzen, um mehrere Server „zusammenzukleben“ und sie als eine Einheit zu präsentieren. Durch eine solche Zusammenfassung entstehen Servergruppen, auch Cluster genannt.1. Ein Cluster sieht für eine Anwendung wie ein einziger Server aus, hat aber eine entsprechend höhere Rechenleistung.8.
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Speichervirtualisierung

In meinem Haushalt tummeln sich diverse Speichergeräte, von der externen Festplatte bis hin zu einer Handvoll USB-Sticks. Auch in Unternehmen sieht die Speicherlandschaft bunt aus. Von Flashspeichern über Festplatten bis hin zum Band (ja, tatsächlich – vor allem als Archiv hat das Band noch nicht ausgedient).

Diese Vielfalt hat auch einen Nachteil im Gepäck: Je nachdem, welches Baujahr die Geräte haben und von welchem Hersteller sie kommen, kommunizieren sie auf unterschiedliche Weise. So entstehen Speichersilos, bei dem Speicher A keine Ahnung hat, was bei Speicher B abgeht und umgekehrt.

In diesem Fall kann man Virtualisierung nutzen, um die Speichersilos aufzubrechen und die Hardware miteinander kommunizieren zu lassen. Dieser Austausch hilft in vielerlei Hinsicht: Wenn ein Speichermedium in Nöte gerät, kann es andere verständigen, die im Handumdrehen einspringen. Auch stimmen die Geräte untereinander ab, welche Daten oft bzw. schnell gebraucht werden und welche im Archiv ihr Dasein fristen. So spezialisieren sich die Geräte auf ihre Stärken, die Daten werden intelligenter verwaltet und das Leben des IT-Administrators wird zumindest ein klein wenig leichter.
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FAZIT

Wow, wer hätte das gedacht! Das Thema Virtualisierung wirkte auf mich anfangs so imposant wie der Mount Everest. Doch man muss nur anfangen, die Füße voreinander zu setzen und schon verwandelt sich das Thema – selbst für Orientierungslegastheniker wie mich – in einen erklimmbaren Hubbel. Die verschiedenen Varianten sind sich viel ähnlicher als ich dachte und haben eigentlich alle das gleiche Ziel: Das Beste aus den Geräten herausholen und dabei Verwaltungsaufwand und Geld sparen.
Für viele Internet-Dienstleister, wie Cloud-Provider und Webhoster, ist Virtualisierung ein wahrer Segen. Wer weiß, ob ich diese Webseite gegründet hätte, wenn ich mir meinen Server (und damit auch seine Kosten) nicht mit anderen teilen könnte. Das wäre doch ein Jammer gewesen…


Quellen:

  1. https://www.vmware.com/de/topics/glossary/content/application-virtualization.html
  2. https://www.citrix.com/de-de/solutions/vdi-and-daas/what-is-desktop-virtualization.html
  3. https://www.computerweekly.com/de/tipp/Vergleich-der-Desktop-Virtualisierung-VDI-gegen-Remote-Desktop-Services-RDS
  4. https://www.datacenter-insider.de/was-ist-virtual-desktop-infrastructure-vdi-a-673682/
  5. https://www.computerweekly.com/de/definition/Thin-Client-Lean-Client
  6. https://de.ryte.com/wiki/Dedicated_Server
  7. https://www.computerweekly.com/de/definition/Server-Virtualisierung
  8. https://www.datacenter-insider.de/was-ist-ein-cluster-a-588715/

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